unter Berlin
Nach einem Mittag bei einem edlen Italiener haben wir uns Karten für eine Führung in die Unterwelt geholt.
Die Führung ging um 16:15 Uhr los. Rund 1,5 Stunden haben wir dann in einem Bunker unter Berlin verbracht. Das war wirklich super interessant. Fotos durfte man leider keine machen, weil irgendwelche Blödsäcke die Fotos unschön bearbeitet und ins Netz gestellt hatten… Als erstes waren wir in der Gas-Schleuse. Dort erhielten wir dann noch erste Anweisungen für den Rundgang.
Eigentlich war die Schleuse dazu gedacht, den Überdruck des Bunkers aufrecht zu erhalten, wenn Menschen herein kamen. In der Realität sah es aber anders aus. Die Bunkertür und die Außentür standen offen und erst wenn die ersten Bomben zu hören waren, wurden die Türen geschlossen.
Als nächstes ging es zum Abort. Warum das stille Örtchen als Abort gekennzeichnet wurde, hatte ich bisher noch nie nachgedacht. Eigentlich ist die Erklärung aber durchaus logisch. Abort ist ein durchweg deutsches Wort, was noch aus dem Mittelalter stammt. Wörter wie Toilette oder WC wollte man im zweiten Weltkrieg nicht benutzen bzw. sollten nicht benutzt werden, weil sie aus feindlichen Ländern stammen…
Die „Schüsseln“, die da noch zu sehen waren, waren aus anderen Bunkeranlagen zusammen gesucht. Das sind Torf-Klos, d. h. es wird nicht mit Wasser gespült sondern Torf über das Geschäft gestreut, so dass der Geruch und die Feuchtigkeit gebunden werden. Ursprünglich standen dort richtige Porzellan-WCs mit Trennwänden dazwischen. Nach dem Krieg wurde aber alles für den Wiederaufbau rausgerissen und verbaut oder verheizt…
In der Hauptzentrale des Bunkers, dem Bereitschaftsraum für die armen Leute, die nach einem Angriff als erstes wieder raus mussten, um Trümmer beiseite zu räumen und Brände zu löschen, waren die Wände mit einer radioaktiv durchsetzten Farbe gestrichen. … und sind es noch heute. Vorteil dieser Farbe war es, dass sie im Dunkeln leuchtet. Das heißt, selbst bei Stromausfall konnten sich die Menschen im Bunker zurecht finden und hatten zumindest ein wenig Restlicht. Um zu verdeutlichen wie stark diese Farbe auf Licht reagiert, wurde Papa an die Wand geblitzt. Unsere Reiseleiterin zeigte uns wie man ganz einfach mit einer Taschenlampe lustige Muster an die Wand bringen konnte und erklärte, dass man sich so über lange Zeit eben diese bei Stromausfall vertreiben konnte…
Sehr beengend und bedrückend wurde es dann in einem „Aufenthaltsraum“. Der ganze Raum war mit Bänken bestückt. Eigentlich sollten in diesem Raum nur 20 Leute untergebracht werden. In der Realität sah es aber meist anders aus, so dass oft das Doppelte bis Vierfache an Menschen zusammen gefercht dort saßen. Zu Beginn des Krieges dauerten die Angriffe oft nur eine halbe Stunde. Gegen Ende des Krieges mussten die Menschen oftmals bis zu 5 Stunden dort ausharren. Das Fatale an der Sache war aber zum einen, dass so viele Menschen atmeten und schwitzten, d. h. es war sehr heiß und nass dort. Dadurch konnten sich Krankheiten ausbreiten. Das zweite Problem war der Sauerstoff. Für so viele Menschen reichte der Sauerstoff einfach nicht aus. Es wurden Teelichter auf verschiedenen Höhen aufgestellt. Stickstoff sinkt nach unten. Wenn also die Kerze auf dem Boden erlosch, wurden die Kinder auf die Bänke gestellt, wenn die Kerze auf der Bank erlosch, wurden die Kinder auf die Arme genommen. Oftmals sind die Menschen, aus Angst zu ersticken, noch während eines Bombenangriffs wieder aus dem Bunker gelaufen.
Jeder durfte nur einen Koffer mit in den Bunker nehmen, der ungefähr so groß wie ein Aktenkoffer war. Darin waren Pässe (Identifizierung), Fotos (für die Suche nach Vermissten), ggf. Medikamente, etwas zu Essen und zu Trinken für die Kinder (zum Ruhigstellen) und alles das, was man zu Geld machen konnte, wenn das Haus weggebombt war.
In Berlin und vielen anderen Städten wurden die Häuser nachts verdunkelt, um dem Feind keinen Einblick in die Infastruktur der Stadt zu ermöglichen. Aus diesem Grund fuhren und fahren Krankenwagen und Feuerwehren nur mit blauem Licht. Auf Grund der Kurzwelligkeit war blaues Licht zwar in unmittelbarer Nähe zu sehen, konnte aber von den Fliegern aus nicht mehr gesehen werden.
1994 ist eine verschollene Bombe beim Bau eines Gebäudes explodiert und hat drei Menschen mit in den Tod gerissen.
Uns verging die Zeit dort unten dank der tollen Erklärungen wie im Flug, aber es war trotzdem ein tolles Gefühl wieder ans Tageslicht zu kommen!
- Hacksche Höfe
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